Arbeiten am Wagenheck
Aus der Ferne betrachtet, präsentierte sich das Wagenheck in
einem relativ guten Zustand. Kotflügel und Rückwand waren in Ordnung,
und
selbst die Radläufe hatten noch definierte Abschlusskanten. Der normale
Blick
in die Radkästen und unter das Auto reichte nicht für eine Bewertung
des
Karosseriezustandes. Wagenboden, Achsen, Motor und Getriebe waren unter
einer
zentimeterdicken Panierung aus Dreck und Elaskon verborgen.
Beim doch recht
bedauerlichen Zustand des Wagenvorderteiles
wäre es jedoch sehr verwunderlich gewesen, wenn das Heck keine Mängel
aufgewiesen hätte. Deshalb habe ich probehalber an verschiedenen und
als
kritisch bekannten Stellen die Dreckkruste entfernt. Diese Arbeit war
nicht
schwer, weil sich die Kruste meist sehr kooperativ verhielt und ganz
wie von
selbst abblätterte. Meine Neugier indes wurde bestraft, denn an allen
freigelegten Stellen grinste mich
rostiges Blech an. Mitunter kam es noch schlimmer: Mit der Dreckschicht
blätterten
die letzten Fragmente einstigen Bleches ab und der Blick ins
Wageninnere tat
sich auf.
Scheiße. (Hab
ich bei mir gedacht und erst einmal ein Bier
getrunken.) Dabei konnte ich mich schon langsam mit dem Gedanken
anfreunden,
dass auch am Heck eine Totalrestauration anstand.
Nach dem
zweiten Bier bin ich nach Hause gefahren und am
nächsten Tag habe ich fix den Motor ausgebaut, die Dreieckslenker
abgeschraubt
und den Kraftstofftank entfernt, um besser an das Übel heranzukommen.
Die
Dreieckslenker selbst waren zentnerschwer, weil sie proppevoll mit Erde
und
Dreck gefüllt waren. Mit allerlei Werkzeugen habe ich die
Dreieckslenker von
ihrem Inhalt befreit, der sich zumeist gesteinsartig verfestigt hatte.
Schließlich habe ich mit einem großen Hammer auf die Dreieckslenker
eingedroschen, damit sich innen auch die letzten Dreckreste und
Rostschichten
lösten. Und siehe da: die Dreieckslenker waren bald wieder hohl. Auch
außen
hatte sich die Schwarte mittlerweile gelöst und nun waren an einigen
Stellen
Risse und Durchrostungen im Kastenprofil zu sehen.
Neue
Dreieckslenker waren
beim Urlaub in der Ukraine nicht aufzutreiben gewesen, deshalb sollten
die
alten überholt werden. Fürs Schweißen mussten daher die Bremsenträger
und
Hinterachslagerungen abmontiert werden. Dafür war wieder schweres Gerät
vonnöten,
denn die Passungen von Radnabe und Dreieckslenker waren mehr als fest.
Den
Grund dafür sah ich nach der Demontage: Normalerweise ist der
Passungssitz nur
ein schmaler Ring, weil eine ins Dreieckslenkerprofil eingeschweißte
Hülse
einen Luftspalt zur restlichen Oberfläche der Radnabe garantiert. Beide
eingeschweißten Hülsen hatten allerdings dem Druck des Dreckes und dem
Zahn der
Zeit nachgegeben, und die Presspassung erstreckte sich fortan über die
gesamte
Länge der Radnabe. Neue Hülsen mussten eingepasst werden, nachdem deren
alte
Reste entfernt wurden.
Auch die
gegenüberliegenden Enden der Dreieckslenker sahen
bedauernswert aus. Rund um die Augen für die Aufnahme der Schwenkbolzen
musste
fehlendes Material aufgeschweißt werden, weshalb dort die Silentbuchsen
vorher
herauszudrücken waren. Während sich die Gummis mit den inneren Hülsen
noch
relativ leicht lösten, wollten sich die Außenhülsen beim besten Willen
nicht
bewegen. Beidseitiges Einschlitzen und Herauspressen der beiden Hälften
hat
dann doch geholfen. Die Zerstörung der Hülsen war insofern betrüblich,
da es
sich bei ihnen wahrscheinlich um die stabilsten Teile der gesamten
Dreieckslenker gehandelt hatte. Die regenerierten Dreieckslenker wiegen
nun
keine fünf Kilogramm mehr und haben vorn und hinten Öffnungen sowie
seitliche
Schlitze, wo der Wind ungehindert durchpfeifen kann.
Die
Haltewinkel der Dreieckslenker hatten zwar den einen
oder anderen Millimeter an Blechstärke verloren, waren aber noch
brauchbar.
Unter den Haltewinkeln am Karosserieboden war indes reichlich zu
klempnern.
Besonders die Ecken, an denen sich mehrere Bleche treffen (äußerer und
innerer
Kotflügel, Wagenboden und Radhaus) waren praktisch nicht mehr existent.
Lediglich die Versteifungsbleche zur Aufnahme der
Dreieckslenkerbefestigungen
waren noch intakt und hingen frei im Raum. Großzügiges Heraustrennen
der
Rostherde ließ mir reichliche Gestaltungsmöglichkeiten für die
Neuanfertigung
der betreffenden Karosserieteile.
Die Schweißnaht
zwischen den beiden
Radlaufhälften (eine Rollschweißnaht wie aus dem Bilderbuch) war auf
einer
Wagenseite der gesamten Länge nach weggefault. Da halfen nur das
komplette
Rausschneiden und Einsetzen eines Blechstreifens von einem knappen
Meter Länge.
Bremsleitungen und Bremsschläuche ließen sich ziemlich leicht lösen,
zumeist
konnte man sie mitsamt deren Halterungen von der Karosserie abpflücken.
Es
mussten neue Befestigungsmöglichkeiten angefertigt werden. Ansonsten
war noch
ein Duzend Rostlöcher zu beseitigen, was durch Rausschneiden und
Einpassen von
Blechzuschnitten geschah.
Insgesamt ist
fast ein Quadratmeter Feinblech zur
Reparatur des Wagenheckes benötigt worden. Positiv ist zu bemerken,
dass die
Schweller und der Wagenboden selbst in einem erstaunlich guten Zustand
waren.
Die Reparaturen beschränkten sich daher nur auf die Radhäuser und deren
nähere
Umgebung.
Beim
Ausbau des Tanks war bemerkt worden, dass dessen
Einfüllstutzen sich gelöst hatte und auch das Röhrchen für die
Benzinleitung
locker in dessen Deckel steckte. Beides war weichgelötet und hatte im
Prinzip
gar keine Chance zu halten. Um den Tank zu schweißen (bzw. hart zu
löten),
musste ich ihn erst einmal gründlich reinigen. Die Grobreinigung vom
Flugrost
und Sott geschah praktischerweise mit Rollsplitt, wie er auf dem
Garagenhof tonnenweise
rumlag. Den Tank mit ein paar Handvoll Steinchen
gefüllt und kräftig geschüttelt wirkte Wunder.
Beim Schweißen
sollte der Tank randvoll mit Wasser gefüllt sein, damit die
Verpuffungen nicht
so extrem werden. (Oder man macht es zu Silvester, dann fällt es nicht
so auf.)
Nach
dem Schweißen und Verputzen der Schweißnähte gab es
eine Rostschutzgrundierung, dann wurde wieder zusammengebaut. (Endlich
mal eine
Arbeit, die Spaß macht.)
Das
Handbremsseil musste ausgewechselt werden, und die
meisten Bremsleitungen wurden neu angefertigt. Auf eine neue
Benzinleitung für
die Zusatzheizung habe ich verzichtet, weil Benzinpumpe und Zusatztank
künftig
im Kofferraum platziert werden.
Als
am Wagenboden alles fertig war und der Saporoshez wieder
auf seinen Rädern stand, musste die Lackierung vorbereitet werden. Die
Farbgebung selbst sollte eigentlich eine Arbeit für eine Werkstatt
sein, aber
meine und deren Preisvorstellungen klafften extrem weit auseinander und
waren
nicht unter einen Hut zu bekommen.
Also bin ich
selbst zu Werke geschritten.
Zuerst habe ich mich am Motorraum versucht. Dort wäre es nicht so sehr
aufgefallen, wenn es qualitative Abstriche gegeben hätte. Außerdem
hatte der
Baumarkt nur Lack mit einem geringfügig anderen Farbton im Angebot, als
der, der
außen am Auto vorherrschte. Der Motorraum war also mein Versuchsfeld.
Ich war
jedoch mit meiner Arbeit sehr zufrieden, außerdem gefiel mir die neue
Farbe
(Enzianblau, RAL 5010) wesentlich besser als das originale, schon etwas
verblichene Blau.
Beim Lackieren
des Kofferraumes und des Wageninnenraumes
hatte ich dann meine Sprühtechnik perfektioniert, und nun getraute ich
mich
auch an die Außenhülle des Autos. Beim Anschleifen des Originallackes
kamen
einige Rostpunkte zutage, die unter dem Lack netzartig miteinander
verbunden
waren. Erst beim gründlichen Abschleifen hatte man also gesehen, wo
unter dem
Lack sich Roststellen befanden. Unterhalb der Zierleiste war das sehr
gehäuft,
und so musste ich große Flächen bis aufs Blech runterschleifen.
Nach dem
Grundieren
kam der Farbauftrag, und danach traten noch mal an einigen Stellen
Rostadern
zutage, die erst auf der neuen, glänzenden Oberfläche zu erahnen waren.
Im
Nachhinein musste ich feststellen, dass etwa 80 Prozent des Lackes mit
Rostadern unterwandert waren und es daher günstiger gewesen wäre, das
gesamte
Auto zu entlacken.
Die Nacharbeit
war ziemlich aufwendig, weil es ordentlich
werden sollte. Vom soliden und gepflegte Anschein des Wagenhecks hatte
ich mich
also täuschen lassen und niemals mit Lackierungsarbeiten in diesem
Ausmaß
gerechnet.
Ach so, für
den, der es wissen will: Für die komplette Lackierung
des Saporoshez habe ich 25 Sprühdosen mit Lack und acht mit
Rostschutzgrundierung benötigt. Zusammen 150 Euros an Materialwert. Die
Werkstatt wollte das Zehnfache.
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