Jürgen Neugebauer und seine Saporoshez-Geschichte
Stand: 10.01.2007           

OMMMA 2006, vlnr: Jürgen Neugebauer, Axel Gleichmann
Jürgen hat sich im Internet-Forum den Spitznamen Carterarch gegeben. Dies darf nicht mit Kater-Arsch verwechselt werden. Vielmehr ist der Grund für den Spitznamen  Carterarch seine Bewunderung für den Archäologen Howard Carter, dem Finder des Grabes von Tutanchamun, eines bereits seit längerem toten Ägypters.
Hier geht es zum Wikipedia-Eintrag zu Howard Carter.


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OMMMA 2006, vlnr:
Jürgen Neugebauer, Axel Gleichmann


Ein Saporoshez in Deutschland - und kein Ende !

Meine Frau und ich, beide 1947 geboren, gehören zur Nachkriegsgeneration in Deutschland und wuchsen in der DDR auf. Mit 22 Jahren heirateten wir und wie jedes junge Paar machten wir Pläne für unsere gemeinsame Zukunft. Unser Sohn kam im nachfolgenden Jahr zur Welt, da war zuerst natürlich das Wichtigste, sich um eine Wohnung zu kümmern. Ein Umzug in einen weit entfernten Ort war nötig, weil uns dort ein Betrieb eine Wohnung mit nicht allzu langer Wartezeit bot. Wir traten bald unsere neue Arbeit an und konnten kurz darauf auch unsere erste neue Wohnung beziehen.

1970 war es für junge Leute mehr Traum als Realität, ein eigenes Auto zu besitzen. Meine Frau verdiente als Stahlbauingenieur monatlich netto etwa 600 DDR-Mark, ich als Elektromaschinenbauer kam auf etwa 500 DDR-Mark. Miete bezahlten wir damals etwa 50 DDR-Mark, geheizt wurde mit Kohle-Briketts.

Trotz des bescheidenen Verdienstes sparten wir also nun fleißig auf ein Auto und konnten uns dann im Sommer 1972 einen 11 Jahre alten “Trabant” kaufen, der die stolze Summe von etwa 5000 DDR-Mark kostete. Ich hatte keine Ahnung von Fahrzeugtechnik, Ersatzteile waren schlecht zu bekommen, in den wenigen Werkstätten mußte man um Termine und Reparatur betteln, ohne “Beziehungen” ging nichts.

Also versuchte man irgendwie, möglichst alles selbst zu machen und sich unter Kollegen und Freunden gegenseitig dabei zu helfen. Für mich war das eine gute Lehre, trotz aller Probleme lernte man die Unabhängigkeit von unzuverlässigen und teuren Werkstätten sehr zu schätzen, so daß ich heute noch fast alle Wartungen und Reparaturen selbst mache. Ein neues Auto mußte damals vorbestellt werden und man hatte viele Jahre Zeit, währenddessen das Geld dafür zu sparen.

In den 70er Jahren betrugen die Wartezeiten/Preis für
- “Trabant” etwa 10 Jahre/10000-12000 DDR-Mark
-
Wartburg” 12 Jahre/17000-20000
-
Moskwitsch” 7-8 Jahre/14000-18000
- “Shiguli/Lada” 7 - 12 Jahre(oder länger)/18000-23000
- “Saporoshez” je nach dem 1 - 5 Jahre/11000-12000.............

Nach ein paar jahren ungeduldigen Wartens auf einen neuen “Trabant” hatten wir soviel gespart, dass mit dem Verkaufspreis unseres alten “Trabant” zusammen, ein fabrikneuer Saporoshez in Aussicht genommen werden konnte. Da ich, wie die meisten Leute damals,vom Saporoshez nicht sehr begeistert war, gingen die Diskussionen in Familie und Bekanntenkreis hin und her, weil dieses Auto mit den fantasievollsten Negativprädikaten wie “Taigatrommel”, “T34 deluxe” oder “Breshnews letzte Rache” versehen war.

Ein guter Bekannter, der als KFZ-Mechaniker mir als perfekter “Lehrmeister” vieles aus der KFZ-Technik praktisch beigebracht hatte, sprach dann das entscheidende Wort indem er sagte:
“Was willst Du? Das ist ein Auto,wie jedes andere auch! Und irgendwelche Macken haben sie alle! Man muss halt immer was daran tun!”


Nun gut, wir bestellten also um und ein Jahr später, im März 1977,bekamen wir die Nachricht vom staatlichen Autohandel, dass unser Saporoshez 968A für uns bereitstünde. Die Aufregung war groß und zum Abholtermin fuhren wir mit der Bahn ohne Rückfahrkarte, voller Erwartung, zum Autohandel in das etwas weiter entfernte Brandenburg. Irgendwas wählen konnten wir nicht. Der Verkäufer führte uns zu einem quittegelben SAS968A, dessen Originalfarbe sich dann als “banana” herausstellte und meinte: ”Das ist Ihr Auto!”

Wir also alles angeschaut, erster Start zu Probefahrt, alles wunderbar, Formalitäten erledigt und runter vom Autohof, die neue automobile Freiheit konnte beginnen! Das Schalten ging anfangs nicht so gut, weil ich mich erst noch an die umgekehrte, russische Schaltkulisse gewöhnen mußte. Aber sonst kamen wir stolz und ohne Zwischenfälle zu Hause an. Die nächsten Tage vergingen damit, alles auszuprobieren und zu prüfen. Ölstand kontrollieren, Zündung präzise einstellen, Luftdruck, Radlagerspiel überprüfen etc. - denn zwei Wochen später war ein Urlaub mit dem Auto geplant.

Ein paar Tage vor diesem Urlaub machte das Auto plötzlich Geräusche irgendwo vorn an der Vorderachse. Panik!....Was ist das? Die linke Bremstrommel wurde heiß! Garantie? Werkstatt? Nein,dauert zu lange, Urlaub in Gefahr! Also, “selbst ist der Mann”! Das linke innere Radlager war defekt, ein neues mußte her! Trotz intensivster Bemühungen war in so kurzer Zeit keines zu bekommen! 2-3 Tage vor Urlaubsbeginn konnte ich mir ein altes, gebrauchtes, aber noch funktionsfähiges Lager von einem anderen Saporoshez-Besitzer ausleihen. Dieses erfüllte dann zum Glück seine Arbeit, bis ich, Wochen nach dem Urlaub, ein neues Lager bekommen konnte.

So begann 1977 meine, inzwischen zur kleinen Leidenschaft und zum Hobby gewordene, Saporoshez- Beziehung, obwohl es keine “Liebe auf den ersten Blick” war! Als Saporoshez-Besitzer hatte man es, wegen des (unbegründet) schlechten Images, nie sehr leicht. Trotzdem habe ich im Laufe der Zeit gute Erfahrungen gemacht, mein “Lehrmeister” hatte damals Recht!

Unser Saporoshez hat uns bis heute treu begleitet, ist inzwischen zu einem seltenen Oldtimer geworden, befindet sich sozusagen im wohlverdienten Ruhestand und wird nur noch im Sommer, bei gutem Wetter bewegt. Ende der 80er Jahre führte ich einen kompletten Neuaufbau durch, wobei das Auto komplett zerlegt, Motor überholt usw.,Karosse neu geschweißt und letztlich neu gespritzt wurde. Das war ein halbes Jahr intensive Arbeit.

Leider hatte mein Sohn kurz darauf einen Unfall mit mehrmaligem Überschlag. Dass dem Sohn nichts passierte, war dabei das gute Ergebnis. Das weniger Gute daran allerdings war ein Totalschaden des gerade wieder neu instand gesetzten Autos. Im folgenden halben Jahr konnte ich von einer Karosserie-Werkstatt eine neu aufgebaute 968M-Karosse erwerben mit der ich dann aus den Resten meines 968A wieder mit viel Arbeit meinen heutigen Saporoshez aufbaute.

Und so geht eben meine persönliche Saporoshez-Geschichte weiter.........


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